Investor zieht sozialen Wohnungsbau vor

Im neuen Wohnquartier Grünheide in Bielefeld sind die Würfel gefallen: Der Investor Amandla International legt den Bauabschnitt III mit 116 Wohnungen vorerst auf Eis und zieht die Planung des Bauabschnitts V mit rund 85 Sozial-Wohnungen vor. Grund ist eine verlässliche Förderung durch das Land NRW, die es derzeit im Bereich der Bundesförderung für frei finanzierten Wohnraum nicht gibt.

Lars Esser-Carius und John Gray, Chefs bei Amandla, haben die Quadratur des Kreises bislang erfolgreich gemanagt, schaffen trotz steigender Auflagen und Baukosten sowie dank eines innovativen Energiekonzepts langfristig bezahlbaren Wohnraum in der Grünheide. Die ersten 36 Wohnungen des Bauabschnitts I waren im Handumdrehen vermietet; 63 Wohnungen des Bauabschnitts Ia werden im vierten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen.

Zweiter Abschnitt in Bau

Während viele Bauherren in diesen Tagen entnervt die Stopp-Taste drücken, haben die Amandla-Manager auch den Bauabschnitt II in Auftrag gegeben. Darin werden bis Herbst 2023 acht Mehrfamilienhäuser mit 123 weiteren Wohnungen entstehen – insgesamt 6.000 Quadratmeter Wohnfläche. Gebaut wird dieser nach dem EH40+ Standard.

Neues Denken gefragt

Die neuen Rahmenbedingungen erlauben jedoch kein Weiter-so. „Wir bauen aktuell 50 Prozent mehr Dämmung ein, als physikalisch sinnvoll ist“, berichtet der Bauherr. Energieeffizienz stehe heute über allem, dabei würden Häuser doch zuallererst zum Wohnen und nicht zum Energie sparen gebaut. Die langfristige Bezahlbarkeit müsse wieder in den Vordergrund rücken. „Wir werden die nächsten Gebäude völlig neu denken und planen“, sagt Esser-Carius. Denn die Baukosten müssen deutlich runter, um wieder in den grünen Bereich der Bezahlbarkeit für Investoren und Mieter zu kommen.

Vereinfachung als Ziel

Die Denkrichtung ist damit klar: „Wir werden alles daransetzen, den Bauprozess zu vereinfachen, um sinnvolle Ziele auf neuen Wegen zu erreichen.“  Teure Lüftungstechnik steht ebenso auf der Abschussliste wie eine dauerhaft teure Verbrauchserfassung. Die Bauherren wollen sich den Themen Massivholzbau und begrünte Fassaden widmen. Und sie werden neue Dämmstoffe prüfen, weil das bisher zumindest in Teilbereichen alternativlos erscheinende Polystyrol nach wie vor nicht recycelbar ist.

Zäsur unerlässlich

Damit ist nicht nur die fertige Planung für die Bauabschnitte IV reif für den Shredder, damit ist vermutlich auch der gesetzte Zeitplan Makulatur.  „Unsere Entscheidung stellt eine Zäsur dar, deren Gründe wir nicht beeinflussen können. Der hektische Abschied von der KfW-Förderung für Neubauten war ein Wahnsinn, die Baukostenexplosion frisst auch noch die letzte Rendite und steigende Darlehnszinsen als Inflationsbremse machen nahezu jedes Bau-Investment uninteressant“, bilanziert Lars Esser-Carius.

Auf Bezahlbarkeit fokussieren

Das sei für die erfahrenen Profis aus Unna aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wir müssen neue Wege zu bezahlbarem Wohnraum finden, denn den zu schaffen ist die eigentliche historische Aufgabe“, sagt John Gray. Auch müsse das Thema Ressourcenknappheit stärker in den Fokus genommen werden. Über das Energiesparen werde keiner mehr reden, wenn die Energiewende ihren Turnaround erst erreicht habe. Denn dann gebe es ausreichend preiswerten – weil regenerativ erzeugten – Strom und damit auch bezahlbare Wärme.

Wollen den hohen Nachhaltigkeitsanspruch des innovativen Bielefelder Wohnquartiers Grünheide nicht aufgeben, suchen aber nach einfacheren Wegen zu einer langfristigen Bezahlbarkeit von neuem Wohnraum: John Gray (links) und Lars Esser-Carius vom Grünheide-Investor Amandla International aus Unna.